Ich bin in Hessen geboren, lebe hier, habe die Heimatkunde von Hessen über Jahrzehnte unterrichtet und fasse gerade unsere Heimat Hessen in einem Heft zusammen. Das Heft ist noch nicht endgültig fertig, zeigt aber schon, wohin die Reise gehen soll: Eine kleine Reise durch Hessen. Von Nordhessen bis nach Südhessen. Vom Reinhardswald bis zum Odenwald. Von der Weser bis zum Neckar.
Als ich an der Uni Gießen 'auf Lehramt' studierte, war das Fach Heimatkunde noch ein wichtiger Teil des Faches Geografie. Unser Heimatland Hessen war damals noch ein wichtiges Anschauungsobjekt für alle wichtigen Aspekte der wissenschaftlichen Geografie. Während einer ganzen Reihe von geografischen Exkursionen machten uns unsere Professoren mit den den Teilgebieten der Geografie (Geologie, Geomorphologie, Topografie, Wirtschaftsgeografie, Siedlungsgeografie, Oekologie, Migration, ...) vertraut. Kurz gesagt: An unserem Heimatland Hessen können wir lernen, die Welt zu verstehen. Wer die Heimat kennt, findet sich in der Welt zurecht. Ganz einfach.
Hier findet ihr die Hessen-Safari als Hefte in zwei unterschiedlichen Formaten:
Stadt, Land Fluss von Hessen
Weil auf Karten teilweise hohe Lizenzgebühren liegen, habe ich diese Karte von Hessen für die Hessen-Safari selbst gestaltet. Ihr könnt sie kostenlos nutzen.
Ein Land erschließt man sich am leichtesten über das Flussnetz. Bei Hessen ist das besonders einfach. Wir haben hier zwei Fluss-Systeme. Links der Rhein als Sammler aller Flüsse, die nach Westen entwässern einschließlich des Mains und seiner Nebenflüsse. Rechts die Flüsse, die alle hin zur Weser entwässern. In der Schule habe ich die Karte Fluss für Fluss an die Tafel gezeichnet. Die Kids haben sie nachgezeichnet. Zur Orientierung haben wir uns ein einfaches Gradnetz für die bessere Übertragung der Linien gezeichnet. Schließlich haben wir an der Blindkarte ohne Namen einen Wettbewerb gemacht: Wer kennt die meisten Flüsse?
Nachdem wir das Flussnetz entwickelt hatten, trugen wir die einzelnen Landschaften hessens ein. Die Mittelgebirge und die Ebenen. Das Flussnetz war dafür eine gute Orientierung.
Größere Siedlungen liegen bevorzugt an Flüssen. Nachem wir Flussnetz und Landschaften eingetragen hatten, setzen wir die Punkte für die Siedlungen bzw. Städte. Es war mir nicht wichtig, dass jedes Kind jeden Fluss, jede Landschaft und jede Stadt wissen musste. Es ging vor allem um eine Vorstellung von Hessen und eine Vorstellung, wo man selbst zuhause ist.
Am Ende der Unterrichtseinheit Hessen im Überblick haben wir dann einen Test geschrieben. Alle Kids bekamen eine Blindkarte (Bild unten) von Hessen und sollten so viele Punkte eintragen, wie sie zuammenbekamen. Die Benotung war einfach: 50 und mehr Punkte ergaben eine 1. 40-49 Punkte eine 2, 30 - 39 Punkte eine 3, 20 - 29 Punkte eine 4 und wer darunter lag bekam eine 5, aber auch eine 2. Karte mit der Möglichkeit, die 5 noch mit ein paar Punkten mehr zu annullieren.
Interessant war aber, was nach oben passierte. Die Hälfte der jeweiligen Klassen holte sich mit über 50 Punkten 'Einsen'. Viele von ihnen erzielten weitaus höhere Ergebnisse als die angestrebten 50 Punkte. 20% der Kids übertrafen sogar die 100 Punkte. Einem Ausnahmeschüler bin ich damals in dieser Sache begegnet. Lukas bei Erasmus in Offenbach. Er schaffte es, mit spitzestem Bleistift sage und schreibe 245 topografische Daten in der Blindkarte unterzubringen. Geografie war sein Steckenpferd. Im Atlas und auf dem Globus kannte er sich ebenso gut aus.
Spannend war: Ich musste kein Kind antreiben. Die waren richtig heiß auf die Karten. Ein Beispiel, wie gerne und erfolgreich Kinder lernen, wenn man sie anstößt statt sie anzutreiben.